Den Stress ausbremsen und mehr Ruhe ins Leben holen
Wir leben in einer Welt, die immer komplexer, hektischer und fordernder wird. Hinzu kommt, dass wir möglichst viel mitnehmen möchten, weil uns unser Leben heutzutage so wertvoll scheint. Aber je mehr wir machen, desto mehr haben wir das Gefühl, die Zeit laufe davon. Und je weniger Zeit wir haben, desto effizienter versuchen wir diese Zeit zu nutzen. Ein Teufelskreis! Denn eigentlich ist das Gegenteil wahr: nicht mehr ist besser, sondern weniger – aber dafür mit mehr Fokus. Unser Lebensrhythmus hat sich in den letzten Jahrzehnten beschleunigt. Das ist nicht zu ändern. Aber wir müssen lernen die Herausforderungen des modernen Lebens anzunehmen, ohne dabei unter Druck und in Stress zu geraten.
Stress ist nicht per se schlecht
Ohne ein gewisses Maß an Stress kann der Mensch nicht leben. Er braucht psychischen Druck, um sein Verhalten den sich ständig ändernden Lebensverhältnissen anzupassen. Positiver Stress versetzt ihn in eine gewisse Anspannung, so dass er manche Herausforderung überhaupt erst meistern kann. Jeder kennt das: unliebsame Aufgaben werden erst in Angriff genommen, wenn wir uns unter Druck fühlen. Unter negativem Dauerstress leidet der menschliche Organismus allerdings unter Anspannung, Erschöpfung, Vergesslichkeit, Schlafstörung und schwacher Immunabwehr. Ob eine Situation als Stress empfunden wird, ist abhängig von Dauer, Häufigkeit und davon wie der Betroffene emotional auf die Stressauslöser reagiert. Eine Situation muss also objektiv nicht stressig sein, doch wir empfinden es so.
Mit Yoga das Stressempfinden verändern
Das eigentliche Ziel im Yoga ist, den Geist zu beruhigen und zu stabilisieren. Dadurch wird die psychische Widerstandsfähigkeit gestärkt und Krisen können mit mehr Gelassenheit bewältigen werden. Dies geschieht im Yoga auf physischer Ebene mittels den Körperübungen genannt Asanas. Sie reduzieren stressbedingte Störungen und bauen körperlich-emotionale Erregung ab. Am besten erlernst du die Übungen von einem Lehrer in der Gruppe, um irgendwann auch zu Hause einige für dich optimale Übungen regelmäßig zu praktizieren.
Von wesentlicher Bedeutung in der Yoga-Praxis sind auch Atemübungen (Pranayama), denn der Atem ist es, der den Geist in den Augenblick bringt und damit vom Stress der Gedanken befreit. Mehr über die Wichtigkeit eines ruhigen gleichmäßigen Atem kannst du im Blog: Der Atem, dein Freund (Prāņāyāma) nachlesen.
Auch die Meditation als tiefes Eintauchen in das Selbst bringt Körper und Geist ins Gleichgewicht. Bereits einige Minuten Meditation täglich reichen aus, um deine Batterien aufzuladen und neue Energie für alle anstehenden Aufgaben zu tanken. Tipps für die Meditations-Praxis zu Hause findest du im Blog: Wie kann ich Meditation lernen?
Eine besondere Art der Meditation ist die Tiefenentspannung Yoga Nidra. Auf dem Rücken liegend wirst du in 20 bis 30 Minuten durch Übungen wie Body-Scan, Atembeobachtung und Visualisierung geführt. Das beruhigt den Geist, entspannt den Körper und bringt Klarheit in dein Leben. Dazu benötigst du eine Übungs-CD (z.B. „Yoga Nidra“ von Ralph Skuban), etwas Zeit und einen ruhigen Ort. Du musst nichts erlenen, um die wohltuende Wirkung dieser Übung zu erfahren.
Die eigene Lebenseinstellung nachhaltig umformen
Mit Elementen der Geistesschulung auf Grundlage der Yogaphilosophie, lernst du gar innere und äußere schädigende Kräfte zu erkennen und mit geistigen positiven Einstellungen zu überschreiben. Viveka, Unterscheidungsfähigkeit ist eine Art Sinn, der dir die Fähigkeit verleiht, das Wesentliche vom Unwesentlichen, das Wohltuende vom Schädlichen, das Stresslindernde vom Stresserzeugenden zu unterscheiden. Viveka wurde den Menschen von der Evolution als Funktion des Stirnhirns mitgegeben, ist jedoch – wie auch die meisten anderen Sinne – in der Regel nicht sehr entwickelt. Im Yoga lernen wir, diesen inneren Sinn zu trainieren und immer weiter zu verfeinern.
Denn letztendlich geht es nicht darum, täglich eine Stunde Yoga zu praktizieren und es die restlichen 23 Stunden wieder zu vergessen. Mit Hilfe von Yoga werden Geist und Selbstwahrnehmung derart verändert, dass Stress-Situationen erkannt, vermieden oder mit mehr Gelassenheit bewältigt werden. Dein Leben erhält durch eine regelmäßige und ganzheitliche Yogapraxis Ausrichtung und mehr Sinn. Du lernst, Achtsamkeit und Bewusstheit von der Matte ins tägliche Leben hinein zu nehmen.
(Claudia Dahnelt - Lotusblume Yoga & Ayurveda, Frankfurt, März 2016)